Die Einführung des Farbfernsehens in Deutschland markiert einen der bedeutendsten technologischen Meilensteine der Mediengeschichte. Am 25. August 1967 drückte Außenminister Willy Brandt den berühmten “roten Knopf” und läutete damit eine neue Ära der Fernsehunterhaltung ein. Diese faszinierende Entwicklung vom monochromen Bild zur farbenprächtigen Darstellung ist geprägt von technischen Innovationen, internationalen Konkurrenzkämpfen und der herausragenden Rolle deutscher Ingenieure.
Von Schwarz-Weiß zu Farbe: Eine technische Revolution
Die Entwicklung des Fernsehens in Deutschland begann bereits in den 1930er Jahren. Während monochromes Fernsehen seit 1952 in größeren Mengen verfügbar war (mit ersten Versuchen ab 1936), sollte es noch einige Jahre dauern, bis die Bilder in Farbe auf deutschen Bildschirmen erschienen.
Der historische Moment: 25. August 1967
Am 25. August 1967 wurde auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin ein historischer Meilenstein erreicht. Der damalige Außenminister Willy Brandt drückte den berühmten “roten Knopf” und startete damit offiziell das PAL-Farbfernsehen in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Moment war nicht ohne kleine technische Pannen, die jedoch den Erfolg des Systems nicht schmälerten.
In der DDR folgte die Einführung des Farbfernsehens etwa zwei Jahre später: Am 3. Oktober 1969 startete dort das SECAM-System.
Die Entwicklung der Farbfernsehsysteme
NTSC – Der amerikanische Vorreiter
Das amerikanische NTSC-System (National Television System Committee) wurde bereits am 17. Dezember 1953 in den USA eingeführt. Es bot eine fast vollständige Kompatibilität zum Schwarz-Weiß-Fernsehen – bestehende Geräte konnten Farbsendungen weiterhin in Schwarz-Weiß empfangen. Allerdings hatte NTSC einen entscheidenden Nachteil: Es neigte zu unregelmäßigen Farbfehlern, die sich ständig ändern konnten. Dies führte zur Einführung des Farbton-Reglers bei NTSC-Geräten.
SECAM – Die französische Alternative
In Frankreich entwickelte Henri de France das SECAM-System (Séquentiel couleur à mémoire). Dieses System zielte darauf ab, die Farbfehler des NTSC-Systems zu kompensieren und gleichzeitig eine für Europa besser geeignete Zeilenzahl zu verwenden.
PAL – Die deutsche Innovation
Das PAL-System (Phase Alternation Line – Phasenwechsel pro Zeile) wurde maßgeblich von Prof. Dr. Walter Bruch bei Telefunken entwickelt. Ab 1961 reichte Bruch verschiedene Patentanmeldungen ein, wobei das entscheidende Patent (1252731) vom 31. Dezember 1962 stammt. Es bezog sich hauptsächlich auf die Laufzeitleitung im Dekoder.
Die Namensgebung “PAL”
Die Bezeichnung “PAL” entstand in der Nacht vom 2. zum 3. Januar 1963. Walter Bruch und seine Mitarbeiter bereiteten eine technische Demonstration für die EBU-ad-hoc-Gruppe Fernsehen vor. Bei der Suche nach einem prägnanten Begriff für das neue System kam die Technikerrunde auf “PAL” – Phase Alternation Line.
Der Systemkampf und die weltweite Verbreitung
Die drei konkurrierenden Systeme NTSC, SECAM und PAL kämpften jahrelang um die Vorherrschaft in den Ländern, die Farbfernsehen einführen wollten. Die Welt teilte sich schließlich in drei Verbreitungszonen auf. Neben wirtschaftlichen Interessen spielten auch politische Aspekte eine wichtige Rolle bei der Systemwahl.
Die technischen Eigenschaften von PAL
PAL kompensiert Farbfehler effektiv mittels einer Ultraschallverzögerungsleitung und begleitender Elektronik. Farbfehler werden dabei in weniger störende Farbsättigungsfehler umgewandelt. Ein Nachteil des Systems ist die Halbierung der vertikalen Auflösung: Jeweils zwei Zeilen bilden zusammen eine Farbinformation.
Die Bedeutung Walter Bruchs
Prof. Dr. Walter Bruch spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Markteinführung des PAL-Systems. Seine Arbeit sicherte nicht nur technischen Fortschritt, sondern schuf und erhielt auch viele deutsche Arbeitsplätze. Lange Jahre konnten ausländische, insbesondere asiatische PAL-Geräte vom deutschen Markt teilweise ferngehalten werden. So durfte beispielsweise Sony jahrelang nur sogenannte Simple-PAL-Modelle ohne Laufzeitleitung in Deutschland verkaufen.
Die Verleihung der Professur und der Ehrendoktorschaft an Walter Bruch unterstreicht seine herausragende Bedeutung für die Entwicklung und Markteinführung des PAL-Farbfernsehens, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
Die Diskussion um die Erfindung
In Expertenkreisen wird bis heute über den eigentlichen Erfinder von PAL diskutiert. Walter Bruch verwies selbst auf die Vorarbeiten von B.D. Loughlin (USA) und die Entwicklungen von Henri de France. Auch das Patent von Gérard Melchior aus dem März 1962 wird kontrovers diskutiert. Die komplexe Patentlage führte schließlich zu Vereinbarungen über gegenseitige Patentduldungen und Lizenzzahlungen zwischen den beteiligten Ländern und Firmen.
Literatur zum Thema
Walter Bruch dokumentierte die Entwicklung des Farbfernsehens in mehreren Publikationen:
- “Die Fernsehstory” (1969, Telekosmos-Verlag)
- “PAL – Das Farbfernsehen” (zusammen mit Heide Riedel, Deutsches Rundfunk-Museum)
Diese Werke bieten einen umfassenden Einblick in die technische und historische Entwicklung des Farbfernsehens und würdigen auch die Beiträge anderer Entwickler.

