Die Deutsche Funkausstellung war in den 1960er Jahren das bedeutendste Schaufenster für Unterhaltungselektronik in Deutschland. Zwischen 1961 und 1970 präsentierten führende Hersteller ihre neuesten Entwicklungen in den Bereichen Rundfunk, Fernsehen und Tonwiedergabe. Diese Dekade war geprägt von revolutionären technischen Neuerungen, die den Weg in die moderne Unterhaltungselektronik ebneten.
Die Funkausstellung 1961 in Berlin – Transistorisierung und nordisches Design
Die 22. Deutsche Rundfunk- Fernseh- und Phono-Ausstellung fand vom 25. August bis 3. September 1961 in Berlin statt. Der neue Jahrgang der Rundfunkempfänger präsentierte sich hochentwickelt, jedoch ohne spektakuläre technische Sensationen. Eine bemerkenswerte Neuheit waren die schnurlosen Heimgeräte von Herstellern wie AEG, Graetz, Grundig und Philips. Diese Volltransistor-Empfänger im Gehäuse eines Kleinsupers ermöglichten je nach Batterieart Betriebszeiten von 150 bis 500 Stunden.
Die Formgestaltung veränderte sich deutlich: Gehäuse mit klarer Linienführung im Flachformat, die sogenannte “nordische Linie”, setzten sich durch. Geschwungene Formen und vergoldete Zierleisten galten dank des Einflusses von Braun als überholt. Über 100 verschiedene, vollständig transistorisierte Reiseempfängertypen wurden präsentiert – vom leichten Taschenempfänger mit 150 Gramm bis zum 5 Kilogramm schweren Koffersuper.
Im Fernsehbereich dominierte die 59-cm-Bildröhre mit einem Marktanteil von 95,8 Prozent. Die Industrie entwickelte innovative Lösungen zur Verbesserung der Bildqualität, darunter den Zeilenwobbler von Grundig. Das neu eingeführte zweite Programm der ARD führte dazu, dass alle ausgestellten Fernsehempfänger mit eingebautem UHF-Teil ausgestattet waren.
Die Große Deutsche Funkausstellung 1963 – Die Stereo-Revolution und Compact-Cassette
Vom 30. August bis 8. September 1963 fand die 23. Große Deutsche Funkausstellung in Berlin statt. 153 Hersteller präsentierten ihre aktuellen Produkte. Die wichtigste Neuheit war das Stereo-Rundfunkgerät. Diese Geräte konnten nicht nur Stereo-Schallplatten, sondern auch Stereo-Rundfunksendungen wiedergeben. Die neuen Empfänger enthielten einen zusätzlichen Stereo-Decoder, der entweder eingesteckt oder eingelötet war. Die komfortabelsten Modelle verfügten über automatische Stereo-Umschaltung mit optischer Anzeige durch Signallämpchen oder magisches Band.
Der vorherrschende Gehäusestil war die sachliche nordische Linie in Teakholz, wobei asymmetrische Formen an Bedeutung gewannen. Bemerkenswert war die Rationalisierung der Chassis: Einige Hersteller zeigten mit nur zwei verschiedenen Chassis ein Programm von fünf verschiedenen Typen.
Eine bahnbrechende Innovation war die Einführung der Compact-Cassette durch Philips. Der batteriebetriebene Taschen Recorder 3300 kostete 299 DM und verwendete eine neu entwickelte Tonbandkassette mit einer Spieldauer von zweimal 30 Minuten. Diese Erfindung sollte die Art der Musikwiedergabe grundlegend verändern.
Die Deutsche Funkausstellung 1965 in Stuttgart – Stereo-Steuergeräte und HiFi-Qualität
Die 24. Deutsche Funkausstellung fand vom 27. August bis 5. September 1965 in Stuttgart statt und brachte wichtige Ergänzungen zum bereits auf der Hannover-Messe gezeigten Programm. Stereo-Steuergeräte standen im Mittelpunkt des Interesses. Diese breiten und flachen Empfangsteile wurden mit zwei Lautsprecherboxen betrieben. Die Ausgangsleistungen in der einfachen Form lagen bei etwa 8 Watt pro Kanal, während Geräte der höheren Preisklasse bis zu 50 Watt in HiFi-Qualität erreichten.
Ein Star der Ausstellung war die HiFi-Stereo-Anlage Studio 1000 von Braun, die mit dem Stereo-Plattenspieler PS 1000 ergänzt werden konnte. Die dazugehörigen Lautsprecherboxen erreichten mit kleineren Abmessungen eine sehr gute Klangwiedergabe und eigneten sich somit für die Aufstellung in Regalwänden.
Das sogenannte Heimgerät mit mittleren Klangeigenschaften wurde durch Volltransistor-Modelle mit Netzanschluss ergänzt, die mit etwa 10 Watt Stromverbrauch deutlich niedriger als die Röhrenmodelle lagen. Auf dem Tonbandgerätesektor etablierten sich zwei konkurrierende Kassettensysteme: das neue System DC-International und die seit zwei Jahren bekannte Compact-Cassette.
Die Große Deutsche Funkausstellung 1967 in Berlin – Der Beginn des Farbfernsehens
Die 25. Große Deutsche Funkausstellung vom 25. August bis 3. September 1967 markierte einen Meilenstein in der Fernsehgeschichte. Die Ausstellung stand ganz im Zeichen der Einführung des Farbfernsehens nach dem in Deutschland entwickelten PAL-System. 18 Unternehmen stellten über 50 Farbfernsehempfänger aus, überwiegend mit 63-cm-Farbbildröhre ausgestattet und ab etwa 2.400 DM erhältlich.
Eine besondere Neuheit war der erste tragbare Farbfernsehempfänger mit 28-cm-Bildgröße, der Kuba Porta Color CK 211 P, der nur 11,5 Kilogramm wog und rund 1.500 DM kostete. Nordmende präsentierte ein außergewöhnliches Mehrprogrammgerät, bei dem drei Programme auf 15-cm-Schwarzweiß-Bildröhren und das vierte in Farbe mit 63-cm-Bildgröße erschienen.
Im Rundfunkbereich setzte sich die Volltransistorisierung fort. Die Verwendung von UKW-Eingangsteilen mit Kapazitätsdiodenabstimmung und Stationstasten wurde zum Standard. Philips stellte das erste europäische Miniatur-Taschenradio mit integrierten Schaltkreisen vor, mit kompakten Abmessungen von nur 75 x 72 x 30 Millimetern. Die Zahl der Hersteller für Geräte des Compact-Cassetten-Systems war auf sieben gestiegen.
Die Deutsche Funkausstellung 1969 in Stuttgart – Farbe ist Trumpf
Vom 29. August bis 7. September 1969 fand die 26. Deutsche Funkausstellung in Stuttgart statt, unter dem Motto “Farbe ist Trumpf”. 16 Hersteller präsentierten rund 125 Farbfernsehempfänger mit weitgehender Transistorisierung. Die meisten Geräte kamen mit nur acht bis elf Röhren aus, der Rest war in Halbleitertechnik ausgeführt – bis zu 51 Transistoren und zwei integrierte Schaltungen pro Gerät.
Die Ausstattung war weiter verbessert worden. Automatische Farbtonumschaltung sorgte für ein gutes Bild, Flachbahn-Schieberegler erleichterten die Geräteeinstellung, und anschließbare Fernbedienungen erlaubten die Regelung von Lautstärke, Helligkeit und Farbsättigung. Saba bot das Modell Schauinsland T 3000 mit kabelloser Ultraschall-Fernbedienung für 2.498 DM an.
Eine technische Sensation waren die ersten Video-Aufzeichnungsgeräte von Philips (LDL 1000/1002) und Grundig (BK 100), die für etwa 1.900 DM erhältlich waren. Sie ermöglichten die Aufzeichnung und Wiedergabe von 46 Minuten Schwarzweißbild und Ton. Im HiFi-Bereich zeigte sich ein Trend zur flachen Kompaktanlage, in der Empfängerteil, Verstärker und Plattenspieler in einem Gehäuse vereint waren. Verstärkerleistungen erreichten bis zu zweimal 90 Watt.
Die hifi’70 in Düsseldorf – Die 110°-Technik und integrierte Schaltungen
Die 27. Deutsche Funkausstellung fand vom 21. bis 30. August 1970 als “hifi’70 – Internationale Ausstellung mit Festival” in Düsseldorf statt. Im Herbst 1969 hatten die Mitgliedsfirmen beschlossen, ab 1970 nicht mehr die Hannover-Messe zu beschicken. 14 deutsche Hersteller stellten insgesamt 218 Fernsehgerätetypen her, davon 99 Farbempfänger.
Eine wichtige Neuheit waren Modelle mit der 66-cm-Farbbildröhre in 110°-Ablenktechnik, durch die die Gehäusetiefe um weitere neun bis zehn Zentimeter verkürzt wurde. Hierfür mussten völlig neue Chassis konstruiert werden, bei denen die Zahl der Röhren weiter zurückging und integrierte Schaltungen vermehrt eingesetzt wurden.
Eine Besonderheit war das erste durchgehend mit Halbleitern bestückte Farbfernseh-Chassis C 1000 von Kuba/Imperial mit geringer Wärmeentwicklung und nur 180 Watt Leistungsaufnahme. Das 66-cm-Gerät Valencia Color von Blaupunkt zeigte frontseitig nur die Bildröhre, die Bedienung aller Funktionen wurde über ein Kabel-Fernsteuerpult vorgenommen.
Rundfunkempfänger und Kassettentechnik der 1970er Jahre
Bei den Rundfunkempfängern zeichnete sich der verstärkte Einsatz integrierter Schaltungen ab. Die Chassis von Mono-Supern wurden so klein, dass sie für die Bestückung von Tisch- und Reiseempfängern gleichermaßen geeignet waren. Diese kleinen Mono-Geräte nahmen in verstärktem Maße die Stelle des Zweitgerätes ein, als Drittgerät kam das mit Digitalanzeige ausgestattete Uhrenradio für das Schlafzimmer hinzu.
Sehr gefragt waren die Koffergeräte und Taschensuper, die jetzt überwiegend mit einem eingebauten Stromversorgungsteil ausgestattet waren. Neue Koffer mit kombiniertem Cassettenrecorder von AEG, Philips und Schaub-Lorenz sollten besonders die Jugend ansprechen. Von der gewohnten geraden Form abweichende Gehäusegestaltungen und poppige Farben kennzeichneten den Zeitgeist.
Unter dem Schlagwort “Kompakt” wurden zahlreiche Steuergeräte-Neuheiten vorgestellt, ein großer Teil davon mit eingebautem Plattenspieler. Das Angebot an Cassettenrecordern hatte weiter zugenommen. Die tragbaren Modelle besaßen ein eingebautes Netzteil, die flache Form setzte sich auch hier durch.
Technische Innovationen und Marktrends
Die traditionellen Spulen-Tonbandgeräte zeigten einfachere Bedienung und bessere Klangwiedergabe. Die vielfach angewendeten Schieberegler waren mit Skalen kombiniert und erhöhten die Übersichtlichkeit vor allem bei den Aussteuerungs- und Mischpultreglern. Ein Spezialmodell von Philips eignete sich besonders für die synchrone Vertonung von Dia-Serien und Schmalfilmen.
Die neue 60-Ohm-Antennenanschlusstechnik erlaubte die Verwendung von preiswerten Verbindungskabeln und steigerte durch den Wegfall der Filter und Transformationsglieder die Empfängerempfindlichkeit. Bei den Fernsehempfängern zeigten sich hohe Betriebssicherheit, Ton sofort nach dem Einschalten, vollelektronische Programmwahl sowie Schieberegler für Farbsättigung, Helligkeit und Kontrast.
Fernbedienungen in Kabel- oder Ultraschallausführung und mit Programmtasten erhöhten den Bedienungskomfort erheblich. Die Verwendung von Allbereichstunern mit vier bis sechs Drucktasten gehörte zum üblichen Bedienungskomfort, in den oberen Preisklassen kam die automatische Scharfabstimmung dazu.
Fazit – Eine Dekade des Fortschritts
Die 1960er Jahre waren eine Dekade des rasanten technologischen Fortschritts in der Unterhaltungselektronik. Von der Einführung der Stereo-Technik über die Compact-Cassette bis hin zum Farbfernsehen und den ersten Videorecordern – die Deutsche Funkausstellung dokumentierte Jahr für Jahr die Entwicklung vom röhrenbestückten Möbelstück hin zum kompakten, transistorisierten Gerät.
Die Transistorisierung ermöglichte kleinere, leichtere und energieeffizientere Geräte. Die Einführung integrierter Schaltungen gegen Ende der Dekade läutete eine neue Ära der Miniaturisierung ein. Das Design wandelte sich von geschwungenen Formen mit vergoldeten Zierleisten zur sachlichen nordischen Linie, wobei asymmetrische Gehäuseformen zunehmend an Bedeutung gewannen.
Die Einführung des PAL-Farbfernsehens 1967 war zweifellos der bedeutendste Meilenstein dieser Periode. Die Compact-Cassette von Philips revolutionierte die Tonaufzeichnung und machte mobile Musikwiedergabe massentauglich. Diese Innovationen legten den Grundstein für die moderne Medienlandschaft und veränderten nachhaltig die Art und Weise, wie Menschen Unterhaltung konsumierten. Die Deutsche Funkausstellung erwies sich als ideale Plattform, um diese technologische Revolution einem breiten Publikum zu präsentieren.
